Artenvielfalt im Biotopverbund

Landschaftsgeschichte


     
   





„Klima, Geologie, Vegetation und die Arbeit des Menschen prägen das Gesicht der Landschaft … bis vor wenigen Jahrzehnten war menschliches Leben und Wirtschaften nahezu vollkommen von den natürlichen Grundlagen der näheren Umgebung abhängig. Deren Kenntnis liefert damit den Schlüssel zum tieferen Verständnis der Heimatgeschichte.“ (Stefan Radlmair)



 


Chiemsee-Region vor 15.000 Jahren
Die Chiemsee-Region vor 15.000 Jahren


Entstehung einer Eiszerfallslandschaft
Entstehung der Eiszerfallslandschaft (für detaillierte Grafik auf das Bild klicken)

Ausdehnung der Urseen
Einstige Ausdehnung der Eiszeitseen


Eiszerfallslandschaft
Zahlreiche Kuppen und Mulden prägen heute die Eiszerfallslandschaft


Landschaftsgeschichte

Entstehung der Eiszerfallslandschaft zwischen Eggstätt und Seeon



Prägend für die heutige Gestalt der Landschaft zwischen Eggstätt und Seeon waren die geologischen Prozesse der letzten Eiszeit (Würmeiszeit, bis vor etwa 10.000 Jahren). Ihre Gletscherzüge schufen die landschaftsprägenden Elemente: dabei berührten sich die Ausläufer des Inn-, Prien- und Chiemsee-Gletschers im Bereich des heutigen Biotopverbunds zwischen Eggstätt und Seeon. Der mitgeführte Gesteinsschutt wurde zu gewaltigen Wällen - sogenannten End- oder Seitenmoränen - aufgetürmt. Sie waren die Grundlage für das vielfältige Relief dieser Landschaft mit zahllosen Kuppen und Mulden, die das Umfeld der Seenplatte charakterisieren.

Aufgrund der geologischen Gestaltungsprozesse gegen Ende der letzten Eiszeit wird die Landschaft zwischen Eggstätt und Seeon als „Eiszerfallslandschaft“ bezeichnet.

Rund um Eggstätt und Seeon finden sich zahlreiche Toteislöcher, die entstanden sind, als die Gletscher gegen Ende der letzten Eiszeit zurückwichen und sich riesige Eisblöcke ablösten. Weil diese nicht mehr mit dem Hauptstrom des Gletschers in Verbindung standen, bezeichnet man sie als „Toteis“. Vom Schmelzwasser des Gletschers wurden die Toteis-Blöcke anschließend wieder mit Schotter überdeckt. Unter dieser Isolierschicht blieben sie oft noch Jahrhunderte lang erhalten. Als das Klima schließlich so warm wurde, dass auch die Toteis-Blöcke im Untergrund abschmolzen, entstanden Mulden und Vertiefungen in der Landschaft. Diese sogenannten Toteislöcher blieben entweder als trockene Kessel erhalten oder füllten sich mit Wasser.

In den Jahrhunderten nach der Eiszeit bildeten sich großflächige Seengebiete. Die Wasserfläche des Chiemsees sowie die nördlich davon gelegenen Eiszeitseen zwischen Eggstätt und Seeon waren damals um einiges größer als heute. Während dieser Zeit entstanden durch die stetige Ablagerung von feinem Gesteinsmaterial mächtige Seetonschichten am Grund der Gewässer. Als die Ausdehnung der Seen später schrumpfte, boten die wasserstauenden Schichten in ihrem Verlandungsbereich ideale Voraussetzungen für die Bildung von Niedermooren. Im Zeitraum mehrerer Jahrtausende entwickelten sich daraus an manchen Stellen Hochmoore, die nur mehr von Regenwasser gespeist werden. Sie geben uns bis heute einen Eindruck dieser ursprünglichen, nacheiszeitlichen Landschaft.

Wie glitzernde Edelsteine liegen diese vom Eis geschaffenen Landschaftsbestandteile - Seen, Sümpfe, Toteislöcher, Bruch- und Auwälder, Nieder- und Hochmoore – dicht aneinander gereiht im Bereich des heutigen Biotopverbunds. Sie beherbergen die Reste einer einzigartigen Flora und Fauna der Eiszeit und geben uns Einblick in ein erdgeschichtliches Zeitalter, in dem der Mensch noch weitgehend eine Nebenrolle spielte.